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Verliebt, verlobt, ver­heiratet – was denn sonst?

Luca und Matthias sind nicht nur als Businesspartner durch ihren Designstore verbunden, sondern teilen ihr Leben als Ehemänner. Warum zuerst Fledermäuse und dann erst Schmetterlinge flatterten – und warum das mit dem Heiraten bei ihnen eine «todsichere Sache» ist.


«Todsicher» stand auf ihrer rabenschwarz gerahmten Karte, verschlossen mit einem Wachssiegel – die Einladung zu ihrer Hochzeit am 3.3.2017. Anders als das krustige Bild zwischen engen Stirnen es klischiert, bewegte sich das Liebesfest von Matthias und Luca nicht zwischen regenbogenbuntem Christopher-Street-Day und flamboyanter Freddy-Mercury-Exzentrik. «Eigentlich war es ganz simpel …», meint Matthias süffisant. «Wir sind uns selbst auch an unserem schönsten Tag treu geblieben.» Wer das Paar in seinem Design-Concept-Store mit Kreativatelier in Winterthur beaugenscheinigt, erkennt unschwer: Ihr Understatement ist unischwarz. Doch als sie sich vor acht Jahren kennenlernten, galt es durchaus, über die eine oder andere modische Marotte des anderen hinwegzusehen; dabei war es im Grunde genommen ein bestimmtes Accessoire, das sie zusammenbrachte …


Als Luca durch die Profile der Dating-App Grindr swipte, fiel ihm Matthias vor allem deshalb auf, weil auf dessen Nase ein Brillenmodell jener Schweizer Marke thronte, für die er dazumal als Gestalter arbeitete. Sie zogen ein baldiges Date langem Chatten vor und verabredeten sich zum Pizzaessen. «Am 2.4.2013», wirft Matthias wie aus der Pistole geschossen ein, während Luca die Augen verdreht, als wäre ihm just ein Pfefferkorn hineingeraten. Grund dafür ist der Gürtel mit überdimensionaler Metallschnalle, den Matthias zum ersten Date umlegte – damals war er auf Glitzer und Glanzzeugs aus wie eine Elster. Umgekehrt verursachten bei Matthias die neonleuchtenden Hosenträger von Luca Stirnrunzeln, er hielt ihn für «einen neunmalklugen Schöngeist» – und überhaupt …! Liebe ist eben nichts Rationales, was gerade ihre Magie ausmacht: Das Drumherum habe sie zwar beide irritiert, doch in der Luft lag ein Knistern, das gewiss nicht vom Holzofen herrührte. «Gerade das Innere war sehr anziehend», erinnert sich Matthias. Das zweite Date führte sie an das obere Zürichseeufer auf die Insel bei Schmerikon, wo ihre traute Zweisamkeit nach Sonnenuntergang ein flatterndes Finale fand: Fledermäuse glitten durch die Lüfte. Beim dritten Treffen besuchten sie das Papiliorama, wo schliesslich die Schmetterlinge nicht nur unter den Glaskuppeln gaukelten, sondern sinngemäss auch in ihren Bauchgegenden. 




«Liebe verband ich schon immer mit Romantik, die ich ausleben möchte wie alle anderen», beschreibt Luca, «deshalb gehört für mich auch das Heiraten dazu.» Es sei für ihn ein Zelebrieren der tiefen Zuneigung, mit dem man sich zum Partner bekenne. Das bedeutet aber nicht, aneinanderzukleben wie die hungrige Hummel am prallvollen Nektarkelch: «Jede intime, zwischenmenschliche Beziehung bringt Herausforderungen mit sich und verlangt nach gewissen Kompromissen. Es gibt Momente der heissen Liebe und solche, in denen wir …» – Luca ringt um Worte – «… uns erwürgen könnten», vervollständigt Matthias den Satz, woraufhin beide herzhaft lachen. Zwar ging der Wunsch, sich zu vermählen, von Luca aus, und doch war es Matthias, der ihn im Kerzenschein mit dem Antrag überraschte. Viele Erinnerungen an den besagten Abend seien nicht geblieben, an die Feierlichkeiten selbst hingegen umso mehr.

Nach der standesamtlichen Trauung verlebten sie im kleinsten Kreis Mussestunden, die so «schön erfüllend» waren, dass sie sich heute nicht einmal mehr an das Festmenü erinnern können, das sie ­genossen haben. «Zum Glück ruft uns ein Foto ­immerhin die klassische Hochzeitstorte zurück in das Gedächtnis», schmunzelt Matthias belustigt. Auf Verkrampfungen wie den Bräutigamtanz oder Kunstspass durch Spiele verzichteten sie bewusst: «Uns war mehr nach gemütlichem Beisammensein als nach Party, die Stimmung war relaxt, gelöst und voller Liebe», gerät Luca ins schwelgerische Schwärmen. 


Ihre Freundinnen und Bekannten überschütteten sie mit Gratulationen wie zwei Goldmarien unter märchenhaftem Torbogen, was nicht selbstverständ­lich ist. Es gehöre zu ihrem Leben als Homo­sexuelle, immer wieder mit dem Gegenteil von Liebe konfrontiert zu werden: mit komischen Blicken, Anfeindungen oder gar Angriffen im Ausgang. «Sobald sich Menschen diskriminiert fühlen, muss die Gesellschaft das ernst nehmen und nicht damit abtun, es gebe Wichtigeres», findet Luca, der sich in jün­geren Jahren für die Anliegen seiner Community starkmachte. Leben und lieben lassen, so das Credo. Es sei «verrückt », spezifischen Gesellschaftsgruppen Rechte vorzuschreiben oder vorzuenthalten: «Vor allem, wenn es um Dinge geht, die für andere keinen Nachteil darstellen: Indem wir uns das Jawort geben, nehmen wir niemand anderem etwas weg.» Bis dieser Durchbruch nah war, alle Würfel sozusagen auf sechs gefallen sind und die Limits aka die Ungleichbehandlung durch das Ja des Stimmvolks am 26. September 2021 weggebrochen ist, mussten 22 Murksjahre ins Land ziehen. Mit diesem – je nach Sichtweise knalligen oder doch eher blassen – Ja, sei es nicht getan: «Es braucht mehr Akzeptanz, ­befreit von einer Kultur, einem Glauben oder einer Lebensmoral, die vorgeben, was richtig oder falsch, normal oder anders sei.» Nächstes Jahr wollen die beiden ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln, aus verschiedenen Gründen. Weil der Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft» auf dem Lebenslauf die sexuelle ­Orientierung offenlegt und das verblümter Dis­kriminierung bei Bewerbungen Tür und Torheit öffnet. Weil es ein schönes Gefühl sei, gegenseitig von «meinem Mann» zu sprechen. Und weil damit der Moment kommt, ihre Liebe wieder zu feiern. Tod­sicher.

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