Einer sagt «ja», der andere «nai» – und beide wollen dasselbe: den Bund fürs Leben schliessen. Bei multikulturellen Hochzeiten harmonieren die Herzen, doch prallen unterschiedliche Kulturen aufeinander. Wie das Fest zwischen Regeln, Ritualen und Romantik gelingt.
Es war einmal ein Walliser Bauernsohn, der sich in eine Griechin aus dem Südtirol verliebte. Er wuchs mit Alpkäse und Alphorn auf, sie mit Sirtaki und Souvlaki. Beim ersten Date sprechen sie vor allem mit den Augen, später auf Englisch. Jahre später steht das Paar vor dem Traualtar – wie bringen sie Komponenten wie unterschiedliche Küche und Kultur auf einen Nenner? Diese Frage stellt sich stets bei multikulturellen Hochzeiten, wobei solche Ehen längst nicht mehr «exotisch» sind. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass sie längst Teil der gesellschaftlichen Realität sind: Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) waren im Jahr 2020 insgesamt 34 % der in der Schweiz geschlossenen Ehen binational, wobei ein:e Ehepartner:in einen Schweizer Pass besass. Im Ausland geborene Schweizer Staatsangehörige heirateten mehr als doppelt so häufig eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit als ihre in der Schweiz geborenen Landsleute (51 % gegenüber 22 %). Mehr als die Hälfte der Ehen von Ausländer:innen (im Ausland oder in der Schweiz geboren) wurden mit Schweizer Staatsangehörigen geschlossen (zwischen 53 % und 55 %).
Kultur der Kompromissbereitschaft
Von den harten Fakten zurück zum «schönsten Tag des Lebens»: Bei interkulturellen Paaren müssen nicht nur Blumen und Besteck harmonieren, sondern auch Weltbilder und Werte, was die Organisation komplexer macht. Soll die Trauung kirchlich stattfinden? Tanzen die Gäste Slowfox oder Schuhplattler? Trägt die Braut ein weisses Kleid oder ein rotes, mit Gold bestickt? Darf Grossonkel Hans seinen Lieblingsspeck mitbringen oder wäre das ein diplomatischer Fehltritt? Bei solchen Fragestellungen heisst Heiraten oft verhandeln. Mit Offenheit und Dialog finden Paare zu einem Konsens – und schaffen nicht zuletzt dank des Muts zu unkonventionellen Wegen die Synthese beider Kulturen.

Eine Hochzeit, viele Heimaten
Eine der grössten Hürden auf interkulturellen Hochzeiten ist oft nicht das Essen oder der Dresscode, sondern die Sprache. Die Lösung hierfür sind zweisprachige Zeremonien; zahlreiche Traurednerinnen und Trauredner haben sich auf mehrsprachige Liebeserklärungen spezialisiert. Auch Schriftzeichen – beispielsweise arabische Kalligrafie, kyrillische Namen oder chinesische Glückszeichen – dienen als gestalterische Hingucker auf Einladungen, Tischkärtchen oder Torten. Eine weitere Möglichkeit sind Beiträge von Familie und Freunden in ihrer jeweiligen Muttersprache, seien es Lieder, Zitate oder Segenswünsche. Und die Musik? Die Playlist darf man mutig (und humorvoll) mischen – vom Balkanpop über Bollywood bis Bündner Ländler. Beats schlagen oft Brücken, noch bevor das Buffet eröffnet ist.
Interkulturell zu feiern, bedeutet auch immer, unterschiedliche Traditionen und Bräuche unter einen Zylinder zu bringen. Hier können Paare bewusst auf Rituale setzen, die ein symbolisches Miteinander schaffen, etwa aus zwei Farben gemeinsam ein Bild malen oder zwei Stoffe zu einem Band knüpfen. Apropos Farben: Ein Ansatz kann auch sein, die Dekorationen in den beiden Landesfarben zu wählen oder eine Landkarte als Gästebuch zu verwenden, auf welcher die Gäste den Ort ihrer Herkunft eintragen. Wer weiss, vielleicht entsteht durch die freie Interpretation gar eine neue, eigene Tradition? Interkulturelle Hochzeiten sind nicht einfach zwei halbe Geschichten – sondern die Premiere eines ganz neuen Erzählstrangs. Schliesslich geht es oft weniger darum, sich in der Mitte zu treffen, als darum, das Schönste aus zwei Welten zu vereinen.
Und spätestens wenn die indische Braut im Dirndl neben dem serbischen Bräutigam vor der Berghütte steht, begleitet vom Jodler-Club und einem Oud-Spieler, ist klar: Die Liebe ist schliesslich, was alle verbindet – und skeptische Schwiegermütter, Sprachbarrieren und Sitzordnungskrisen zu überwinden vermag.
Binationale Beratung für Paare
Wer in der Schweiz liebt, was (noch) nicht den gleichen Pass hat, begegnet oft eher weniger romantischen Herausforderungen: Aufenthaltsbewilligungen, Heiratsformalitäten, Sprachbarrieren oder kulturelle Missverständnisse können solche sein. «binational.ch» ist eine unabhängige Anlaufstelle für binationale und interkulturelle Paare und Familien. Die Organisation bietet rechtliche und soziale Beratung, begleitet bei Fragen rund um Heirat, Familiennachzug, Trennung oder Einbürgerung – mehrsprachig, vertraulich und je nach Einkommen vergünstigt. Von Luzern über Genf bis Basel und Bern stehen den Paaren Fachpersonen zur Seite, die nicht nur Paragrafen kennen, sondern auch die Feinheiten interkultureller Beziehungen verstehen.