Es ist nichts neues, mit Düften zu arbeiten. Das bewusste Beduften nennt sich auch «Scentscaping» und hilft nachhaltige Erinnerungen zu kreieren. Wir haben uns bei Expert:innen aus der Parfümerie umgehört und spannende Ideen zusammengestellt, wie ihr auf kreative Weise Düfte in eure Hochzeit integrieren könnt.
Alice Stadler (Text), Lorena Hadorn, zvg (Bilder)
Düfte sind allgegenwärtig – von der feuchten Erde am Morgen über das leckere Mittagessen des Nachbarn bis hin zum frisch gemähten Feld neben der Strasse. Einige schätzen wir, andere wiederum können wir nicht leiden. Die Entscheidung «mögen» oder «nicht mögen» fällen wir, weil uns Gerüche an etwas erinnern, weil wir Assoziationen zu diesem speziellen Geruch und bestimmten Situationen, Gegenständen und Personen haben. Das Riechen selbst ist ein komplexer chemischer Prozess bei dem Duftmoleküle über Geruchsrezeptoren aufgenommen, in Impulse umgewandelt und zum Gehirn weitergeleitet werden. Genauso unmittelbar wie die Gerüche wahrgenommen werden, können uns die damit verbundenen Erinnerungen «überschwemmen». Ein literarisches Beispiel findet sich im Roman «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» von Proust als die gleichnamige Figur in ein Madeleine beisst und sich durch den Geschmack an Episoden aus seiner Kindheit erinnert. Diesen Effekt versucht man beim «Scentscaping» hervorzurufen. Durch einen spezifischen oder gar eigens kreierten Duft für die eigene Hochzeit werden all die bewegenden Momente mit diesem Duft verbunden, sodass sich die Gäste wie auch das Brautpaar noch lange, daran erinnern können. Und wie es so schön heisst: der Möglichkeiten sind viele. Nachfolgend ein paar Inspirationen:
Herstellung
Statt einen vorgefertigten Duft zu kaufen, ist die Herstellung selbst auch ein wunderbarer Prozess, um ihn mit dem oder der Liebsten, mit Freund:innen oder den Eltern zu teilen und sich den Duft für den neuen Lebensabschnitt zu kreieren. Einerseits kann man einen Duft für die Braut oder den Bräutigam erstellen, andererseits seinen eigenen Tagesduft oder den Duft für die Feier kreieren. Bei der Auswahl der Düfte, aus denen das Parfüm entsteht, muss man sich automatisch mit der Person auseinandersetzen. Fragen wie «An welchen Duft erinnerst du mich?» oder «Was ist dein Charakter?» tauchen auf. Sehr emotionale, entschleunigende, aber durchaus auch romantische Begegnungen, die Nicole Walker in ihrem Atelier Hey Klara in Bern miterleben darf. «Es ist immer schön, wenn ein Paar zusammen in einem Workshop, unabhängig voneinander einen Duft kreiert und man am Schluss hört: ‹Das riecht aber toll, darf ich das auch benutzen?›»
Dekoration
Mit einer duftenden Einladung kann man seinen Gästen einen olfaktorischen Vorgeschmack senden und sie auf den Duft-Code einstimmen. Bestens dafür geeignet ist Seiden- oder Naturpapier, das man zur Einladung hinzusteckt oder man wählt für die Papeterie bereits saugfähiges Papier. Andere Varianten der Beduftung finden am Hochzeitsfest selbst Anwendung, etwa als Teil der Raumgestaltung. Ganz elegant wirken zu Rosen gefaltete Taschentücher, die man mit Raumspray beduftet. Diese können beim Eingang des Trauungsortes auf einem Plateau drapiert oder im Raum verteilt werden. Mithilfe von mehreren kleinen Aroma-Diffuser kann eine Duftallée gestaltet werden, durch welche die Leute schreiten. Dank ihrer Handlichkeit können die Diffuser bequem die Location wechseln und so später die Tanzfläche beduften. Aber Achtung: «Düfte sind immer ein Risiko. Zu viel wirkt übergriffig», warnt Brigitte Witschi. Deshalb lieber nach dem Motto «Weniger ist mehr» vorgehen. Wichtig zu bedenken ist, dass Hochzeiten im Freien schwieriger zu beduften sind als in einem geschlossenen Raum. Aber bei Letzteren ist es definitiv einfacher mit Duft zu übertreiben.
Gastronomie
Düfte kann man nicht nur tragen, sondern auch in die Küche einfliessen lassen. Warum nicht die Gäste auf eine Reise durch ein Duftmenü nehmen, bei dem ausgewählte, saisonale Komponenten im Vordergrund stehen? Falls du deine Hochzeit in einem Gasthaus oder Restaurant feierst, empfiehlt es sich nicht Duftkonzepte miteinzubringen, da diese Orte bereits viele eigene Düfte haben, die sich dann vermischen und aufdringlich wirken.
Geschenk
Damit sich alle noch lange an das Fest erinnern, eignen sich kleine Parfümfläschchen mit dem Hochzeitsduft als Gastgeschenkt. So hat jeder sein eigenes «Proust’sches Madeleine». Ein interessantes Geschenk für die Braut ist das Set «Hey Love» von Hey Klara. Dieses beinhaltet drei Düfte, von denen die Braut am grossen Tag, den zu ihrer Stimmung passenden wählen kann. Hey Klara bietet auch die Möglichkeit ein leeres Flakon mit Auffüllgutschein zu verschenken, sodass man sich seinen eigenen Duft auswählen kann.
Konzept
Ein Parfüm beinhaltet ein Konzept, ein Duftkonzept in seiner Komposition. Tara Derakshan, die Inhaberin von NEH, ihrem eigenen Parfümlabel aus Stockholm, widmete zusammen mit ihrem zukünftigen Ehemann ihre Hochzeit dem neuen Duft «The Element». Passend dazu fand die Hochzeit draussen im schwedischen Wald statt, mit einer anschliessenden Feier am Seeufer. Eine Feuershow am Abend integrierte auch das letzte Element in die Feierlichkeiten. Die Philosophie des Dufts und des Paars: «That life is a playground and they are the element that brings it alive.» Diese Idee wird im Duft und in ihrer gesamten Feier deutlich spürbar.
Kurze Geschichte des Parfüms
Das Verbrennen von duftenden Pflanzen und Kräuter findet sich schon vor den Ägyptern. Mit der Zeit folgte die Herstellung von Salben und Ölen. Im arabischen Raum entstand das erste Parfüm im eigentlichen Sinne. Denn dort kannte man bereits den Prozess der Destillation und so kam man auf die Idee, auch Öle in Alkohol zu lösen. Aromatische Essenzen fanden auch ihren Gebrauch in der Heilpraktik des Mittelalters. Mit dem Sonnenkönig kam die «französische Dusche» auf, das Übertünchen des Körpergestanks – aufgrund der mangelnden Hygiene – mit Parfüm. Ende 17. Jahrhundert folgte der Durchbruch: das «aqua mirabilis» auch «Kölnsche Wasser» (Eau de Cologne) wurde erfunden. Erst im 19. Jahrhundert wurde das Parfüm zu einem Luxusgut. Die Modebranche wurde auf die Welt der Düfte aufmerksam und ein Jahrhundert später entstanden in Symbiose der beiden Branchen die ersten Designerparfüms. Die Herstellung von synthetischen Duftstoffen gelang bereits 1900.
Unsere Expert:innen:
Ein Duft-Atelier mitten in der Berner Altstadt, bei dem du dich durch die Offenauswahl schnuppern kannst. Bei Workshops kreierst du eigene Düfte oder entdeckst die Auswahl von Hey Klara und Art of Scent.
Atelier Hey Klara
Nicole Walker
Rathausgasse 49
3011 Bern
heyklara.ch
Inspiriert von der Schweizer Landschaft und persönlichen Dufterinnerungen entstehen Nischendüfte aus Handarbeit. Aus erlesenen Essenzen werden die Düfte in der Schweiz hergestellt.
Art of Scent
Brigitte Witschi
3000 Bern
artofscent.ch
Hier trifft Parfümerie auf Achtsamkeit. Die Düfte kommen zusammen mit Affirmationen
und zusammen sollen sie euer wahres Wesen erwecken, euch selbst entdecken – und das immer wieder aufs Neue.
NEH
Tara Derakshan
nehperfumes.com